Japanprojekt Teil 3: Ein Tüllrock für den Alltag
Zum heutigen MeMadeMittwoch zeige ich ein für mich ungewöhnliches Projekt: ein Tüllrock.
Während meiner Japanreise sind mir immer wieder Japanerinnen mit schlichten, 3/4 langen Tüllröcken aufgefallen, meist in gedeckten Farben wie Schwarz oder Grau, kombiniert mit Blusen oder schlichten Shirts. Für mich waren Tüllröcke bis dahin eher Anlass-Kleidung. Doch dort wirkten sie ganz selbstverständlich und alltagstauglich. Der fließende Fall der Röcke hat mich sofort fasziniert.
In einem Klamottenladen habe ich mir solche Röcke aus der Nähe angeschaut: ein bis zwei Lagen Tüll, leicht gerafft oder als Tellerrock geschnitten, dazu ein einfaches Futter und ein Gummibund. Ein sehr machbares Projekt.

In Tokio hat es mich natürlich auch in das Stoffviertel Nippori verschlagen, wo sich ein Nähladen an den nächsten reiht – ein Paradies für Nähbegeisterte. Der Mann hat nach kurzer Zeit kapituliert und sich in ein Café gesetzt, während ich von Geschäft zu Geschäft zog. Bei Tomato wurde ich schließlich fündig: ein weicher Softtüll in genau dem Grauton, den ich mir vorgestellt hatte. Es waren leider nur noch knapp zwei Meter verfügbar, aber ich habe ihn trotzdem mitgenommen (und natürlich noch ein paar andere Stoffe …).

Vor ein paar Wochen hatte ich dann endlich die Motivation, den Rock anzugehen. Ich durchsuchte das Netz nach einfachen Tüllrock-Anleitungen, doch die meisten waren mir viel zu voluminös und eher für besondere Anlässe als für den Alltag. Schließlich stieß ich auf das YouTube-Tutorial von madebyaya und stellte später fest, dass sie Japanerin ist. Kein Wunder, dass ihr Stil so gut zu meiner Erinnerung passte.
Ihre Version wird als kompletter Tellerrock ohne Seitennähte zugeschnitten. Leider ließ sich das mit meinem Stoff leider nicht realisieren, zumindest nicht in der gewünschten Länge. Ein kürzerer Rock wäre sicher süß gewesen, aber nicht das, was ich im Kopf hatte. So wurde es ein Kompromiss: Bei mir ist die oberste Lage aus einem Rechteck aus Tüll und wird in der Taille gerafft und die darunter liegenden Lagen sind Tellerröcke ohne Seitennähte.
Der Rock besteht aus vier Lagen: 1x Tüll, 2x Chiffon und 1x Futter
Es sind so viele Lagen geworden, da der Rock so eine gewisse Fülle hat ohne „runter zu hängen“ und nicht durchsichtig ist. Allerdings bringt der Rock auch einiges an Gewicht mit. Er sieht leicht aus, ist aber erstaunlich schwer.

Für den Bund habe ich ein breites „Schmuck“-Gummiband aus meinem Vorrat verwendet, das ursprünglich mal für einen Gürtel gedacht war. Das Nähen ging erstaunlich schnell: nur eine Seitennaht (Tüll), ein paar Säume, der Gummibund.
Bei dem Saum hab ich überlegt, welche Methode da am besten wäre. Theoretisch hätte ich den Tüllsaum unbearbeitet lassen können – da passiert ja nichts. Bei den anderen Lagen hat es aber einen Saum gebraucht. Alle Lagen waren für sich gesehen super leicht und ich wollte die Leichtigkeit gerne erhalten und so habe ich nach 10 Jahren+ mich mal wieder an einen 2-Faden-Overlock-Rollsaum gewagt. Es hat mich zwei Nadeln „gekostet“, aber es hat geklappt.

Nach dem Overlocken schauten am Tüllsaum noch ein paar kurze Fädchen raus, die zu kurz zum Abschneiden waren. Mit einer vorsichtigen Runde mitm Feuerzeug entlang der Kante konnte ich diese ganz einfach „verschwinden“ lassen.
Nach der ersten Anprobe merkte ich allerdings, dass der Rock in der Taille etwas zu weit war und tiefer hing als geplant, vermutlich wegen des Gewichts. Ich habe kurzerhand eine kleine Kellerfalte in den Gummibund in die hintere Menge gelegt. Dank des schwarzen Gummis sieht man davon nichts, und ich kann den Rock bei Bedarf wieder weiter machen.
Zwei kleine Wermutstropfen gibt es allerdings: Der Rock hat keine Taschen, und das Material wirkt recht empfindlich – ich hoffe, ich bleibe nirgendwo hängen.
Zum Oberteil:
Der Schnitt ist hier nichts Neues für mich: das Whitcomb Top von Sew Love Patterns begleitet mich ja schon länger. Der Stoff ist ein Rest Double Gauze von MeterMeter in der Farbe „Pumpkin“. Für meine üblichen halblangen Ärmel reichte der Stoff nicht mehr, also habe ich eine Kurzarm-Variante mit Gummiband-Abschluss genäht.
Bin noch am Schauen, ob ich außer diesem einen Oberteil noch andere Oberteile habe, die zu dem Grauton vom Rock passen – das könnte nämlich schwierig werden, aber „im Notfall“ nähe ich mir einfach neue Oberteile :-).



Jetzt aber genug von mir – schaut unbedingt aufm Blog vom MeMadeMittwoch Team vorbei. Dort zeigt heute Ina vom Blog Fritzladen eine „affengeile“ Seidenbluse und ihr findet dort auch die Links zu allen Teilnehmenden.
Oberteil
Schnittmuster: Whitcomb Top von Sew Love Patterns
Material: Double Gauze von MeterMeter in Pumpkin, Bündchen, breites Gummiband <- alles Reste von anderen Projekten
Änderungen: Armabschluss mit eingezogenem Gummiband
Fazit: habe inzwischen etliche Versionen von dem Schnitt genäht – gefällt mir wirklich gut. Meine Tencel-Variante und mein absoluter Liebling aus Blumen-DoubleGauze
Rock
Schnittmuster: DIY Tulle Circle Skirt / Sewing Tutorialㅣmadebyaya (YouTube)
Material: Softtüll aus Japan, Chiffon und Viskosefutter ausm Lokalen Stoffladen, Gummibund (ausm Bestand)
Änderungen: obere Lagen ist ein Rechteck anstelle einem vollen Tellerrock.
Fazit: Ich mag den Rock sehr, aber ich weiß nicht, ob ich mir noch einen nähen würde. Zum einen finde ich es schwer so leichten Tüll hier bei uns zu finden und zum anderen ist der Rock doch recht empfindlich.

23 Kommentare
rosalie_unikat
6. August 2025 um 9:41
So ein tolles Outfit! Die Kombi ist cool und interessant und steht dir hervorragend.
Muriel
6. August 2025 um 11:33
Die Farbkombination ist sehr ungewohnt für mich. Vielen Dank für deinen lieben Kommentar.
Anja
6. August 2025 um 14:45
Ich bin wirklich sehr schwer begeistert von diesem Rock, habe sie auch schon mehrfach an jungen Frauen, auch im Alltag, gesehen, dachte aber, dass man da wirklich mit den vielen Lagen sehr lange dran sitzt. Es hört sich nicht so kompliziert an. Bei Tüll muss ich allerdings immer an diesen Faschingstüll denken, der eher sperrig ist, deiner fließt ja, anscheinend gibt es mehr Qualitäten. Und eine gute Idee, Tüll und Chiffon zu kombinieren, ich denke, irgendwann werde ich auch den richtigen Stoff finden. Hat nicht die eine aus Sex and the city auch sowas getragen? Auch einfach jeden Tag, ich glaube schon. lg Anja
Muriel
6. August 2025 um 16:59
Hallo Anja,
vielen Dank für deinen langen Kommentar. Der Rock hat sich wirklich super schnell genäht. Am längst hat es gedauert bis ich mich wieder erinnert habe wie ich die Overlock für den 2-Faden-Rollsaum einstellen muss.
Der Tüll ist sehr weich und fließt wirklich schön. Der Griff zum Chiffon war nur notwendig, da ich nicht genügend Tüll hatte. Ansonsten hätte ich mehr Tülllagen gemacht.
Der Tüllrock aus Sex and the City – also der ausm Intro der Serie war sehr volumiös. Das hast Du „Carrie“ aber für mich wäre das kein Alltagsrock.
Lieber Gruß,
Muriel
Naehkatze Carola
7. August 2025 um 13:45
Schön, wieder mehr von dir zu lesen. Der Rock mit dem feinen Abschluss hat es mir sehr angetan. Wir verhält sich das Material beim Tragen? Bleibst du da nicht hängen? Das wäre meine Sorge. Aber ich gehe mal davon aus, dass du ihn vorher „getestet“ hast. 🙂 Als Kontrast einen orangenen Farbtupfer und die passenden Schuhe zu kombinieren, finde ich sehr gelungen. Viele Grüße Carola
Muriel
7. August 2025 um 15:59
Hi Carola.
danke für deinen netten Kommentar.
Zum Tüll: Er trägt sich sehr toll und schwingt mit. Der hat wirklich nen tollen Fall allerdings der Tüll scheint schon empfindlicher als „normaler“ Stoff. Bin mal gespannt, wie lange es gut geht. Bisher bin ich einmal beim aufm Boden sitzen mit meinen Absätzen drin hängen geblieben, da ist glücklicherweise nichts passiert …. aber vielleicht sollte man sich mit einem Tüllrock auch nicht aufm Boden setzen 😉
Lieber Gruß,
Muriel
Twill & Heftstich
8. August 2025 um 8:01
Ich bin ganz hin und weg von Deinem Rollsaum. Da werde ich wohl noch etwas üben müssen. Und erstaunt; ich hätte nicht gedacht, dass Tüll so fließen kann. Ein interessantes Projekt und tolles Outfit, auch farblich gefällt es mir sehr. Danke für die Hintergrundinfo zu Tokyo. Wenn es mich mal dorthin verschlägt, weiß ich, wo ich hin muss und dass ich den Partner gleich im Café absetzen werde. Liebe Grüße Manuela
Muriel
8. August 2025 um 8:34
Hallo Manuela,
danke für deinen lieben Kommentar.
Lieber Gruß,
Muriel
Twill & Heftstich
8. August 2025 um 8:06
Tokio natürlich. Schreiben vorm ersten Kaffee… Lg M.
Anonym
8. August 2025 um 15:31
Sehr schön, eigentlich eine gute Idee ein-hierzulande- tatsächlich eher mit Anlasskleidung verbundenes Material zu verwenden. Durch das schlichte Oberteil wirkt es selbstverständlich. Liebe Grüße, Silvia von Petersilie und Co
Muriel
8. August 2025 um 16:04
Hallo Silvia,
danke für deine liebe Rückmeldung zu meinem Outfit.
Lieber Gruß,
Muriel
Mein Lebensspiel
8. August 2025 um 22:29
Ein wunderschönes stimmiges Outfit, dass dich bestimmt auch immer an Japan erinnern wird.
Wir hatten in unserer Fastnachtsgruppe mal mit Hochzeitstüll gearbeitet, da der deutlich weicher und fließender fällt, als der normale Faschingstüll.
Als Oberteil müssten bei Grau eigentlich alle knalligen Farben oder Weiß gut passen. Auf jeden Fall wird es immer gut aussehen.
LG Miriam
Muriel
11. August 2025 um 8:55
Hallo Miriam,
Danke für den Tipp mit dem Hochzeitstüll und deine Farbkombiideen.
Lieber Gruß,
Muriel
(drei)he fecit
9. August 2025 um 2:56
Jetzt hast du mir einen Floh ins Ohr gesetzt, jetzt werde ich natürlich wenn wir im Oktober und November in Japan sind ständig nach Tüllröcken Ausschau halten. Die Nippori Fabric Town fand ich schon beim ersten Besuch überwältigend, da muss ich natürlich wieder hin. Ob ich mir allerdings Tüll mitbringe? Ich glaube eher nicht. An dir finde ich den Tüllrock allerdings grandios. Und das Grau ist eher ungewöhnlich und umso mehr ein Hingucker. Vor allem in Kombination mit der orangen Bluse.
Liebe Grüße, heike
Muriel
11. August 2025 um 8:57
Hallo Heike,
unsere Japanreise ist inzwischen schon zwei Jahre her – vermutlich sind die Tüllröcke inzwischen schon nicht mehr aktuell.
Ich wünsche euch eine tolle Japanreise.
Lieber Gruß,
Muriel
Bella
10. August 2025 um 13:39
Ich finde die ganze Kombination – einschliesslich Schuhe – ganz wunderbar. In so einem Tüllrock fühlt man sich doch bestimmt wie eine Prinzessin.
L G Bella
Muriel
11. August 2025 um 8:57
Hallo Bella,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar.
Lieber Gruß,
Muriel
Andrea
10. August 2025 um 16:47
So ein toller Rock! Die Konstruktion ist ja interessant, Ich finde diese Kombination aus einem schlichten, gerafften Rock und den fülligen Unterröcken klasse. Und wie schön, dass du einen Souvenirstoff für ein von Japan inspiriertes Projekt verwenden konntest.
LG, Andrea
Muriel
11. August 2025 um 8:58
Hallo Andrea,
lieben Dank deinen netten Kommentar.
Lieber Gruß,
Muriel
Heike
12. August 2025 um 21:29
Liebe Muriel,
dein Rock sieht ganz bezaubernd aus und die Bluse passt toll dazu. So hast du jetzt ein schönes Urlausandenken.
LG, Heike
Muriel
13. August 2025 um 8:30
Hallo Heike,
vielen Dank.
Lieber Gruß,
Muriel
Sandra
19. August 2025 um 22:07
Tolles außergewöhnliches Alltagsoutfit, irgendwie ist das ein Widerspruch… dennoch empfinde ich es so. Du schaust toll aus, beide teile sind stimmig und die Schuhe dazu- ein Traum.
Wie immer eine tolle Verarbeitung, die begeistert und danke für die Hintergrundinfos.
LG
Sandra
Muriel
20. August 2025 um 16:49
Hallo Sandra,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar.
Lieber Gruß,
Muriel
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