The Big Projekt

Das Kleidungsstück, welches ich euch heute zeige, ist eine Rarität in meinem Kleiderschrank. Sowohl von der Kleidungsart her als auch wie lange es nachm Nähen gedauert habe, bis ich es zum ersten Mal getragen habe. Sagen wir mal so, ich habe das gute Stück irgendwann Ende 2019/ Januar 2020 (also Zeitrechnung „Vor-Corona“) genäht und erst vor kurzem (Frühjahr 2022) getragen. Aber starten wir beim Anfang:

Seit ich 2017 in einer FashionStyle das Schnittmuster für einen Blusenbody gesehen habe, wollte ich so ein Kleidungsstück haben, aber der Bedarf war nicht wirklich da. Damals habe ich hauptsächlich Kleider getragen und die paar Röcke, die ich hatte, haben vom Stil nicht zu einem Blusenbody gepasst. In den vergangenen Jahren habe ich meine Liebe zu vollen Tellerröcken entdeckt und einige genäht. Was mir dann gefehlt hat waren, passenden Oberteile – abseits von einfachen T-Shirts / Jersey-Pullovern. So war ich immer auf der Suche, nach neuen Schnitten.

Meine Idee war eine Bluse zu nähen. Da hatte ich noch keine im Kleiderschrank und schließlich würde das gut zu den Röcken und auch zu meinen weiten Lieblingshosen nach dem Schnitt „Flint“ von Megan Nielsen (meine erste kurze Variante mit schicker Schleife,https://nahtzugabe5cm.de/2017/08/hosen-und-ich-flint-shorts/ die lange Version aus Chambray und eine Slub-Leinen Variante) passen. Als ich meine Schnittmuster und Nähzeitschriften durchgeschaut habe, fiel mir ein Blusenbody Schnitt aus der FashionStyle 1/2017 wieder in die Hände.

Mit den Nähjahren habe ich nach und nach ein leichtes Misstrauen gegenüber Schnitthersteller entwickelt, von denen ich noch nichts genäht habe. D.h. ich versuche lieber ein an mich bereits angepasstes Schnittmuster entsprechend abzuändern als nochmal komplett von vorne mit Probeteilen und Co zu starten. So war es dann auch mit der FashionStyle – dies wäre mein erster Schnitt von der Schnittzeitschrift und die Tatsache, dass die Zeitschrift von einer Körpergröße von 1,72 m ausgehen hat mich da nur noch mehr abgeschreckt. Schließlich bin ich ganze 20 cm kleiner. Also war mein Plan, dass ich den Schnitt meines Dauerbrenner-Hemdblusenkleides (Beispiel: Weihnachtskleid 2019, Lieblingskleid 2018) entsprechende ändere und mit dem unteren Teil des Nettie Bodysuits kombiniere (Einige meiner Netties: siehe mein Blogpost zu meiner Nettie-Mania).

So mit bin ich frohen Mutes in das Projekt gestartet. Leider hielt meine Motivation nicht sehr lange an. Schnell wurde mir klar … so einfach wird das nicht. Der Schnitt vom Hemdblusenkleid ist tailliert und einfach ab dem Armloch nach unten was dazu geben würde wohl nicht reichen bzw. war nicht so erfolgversprechend wie ursprünglich gedacht. Also bin ich von meinem Plan abgerückt gleich einen guten Stoff zu vernähen und habe in meinem Vorrat einen passenden Probestoff gesucht und, oh Wunder, da ich bisher keine Blusen nähen, war da nichts vorhanden.

Inzwischen hatte ich so lange am Schnitt rumgedoktert aber zum Glück hatte der ortliche Stoffladen noch aufm. Dort wollte ich einen günstigen tragbaren Probestoff kaufen. Der Laden (Maya Stoffe in Karlsruhe) hatte den perfekten Blusenstoff: schön leichter Fall, nicht zu dünn, nicht flutschig. Einziger Nachteil war, dass dieser ein Viskosestoff ist und ich versuche, auf nicht zertifizierte Viskose zu verzichten, da der Stoff zur Herstellung viele Ressourcen benötigt. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, schließlich wollte ich an dem Tag noch mitm Nähen anfangen (die Betonung liegt auf „wollte“).

Mein neuer Plan war, dass ich jetzt doch den Schnitt aus der Fashionstyle verwende, aber in der Länge einiges rausnehme. Als Vergleich habe ich den Hemdblusenkleidschnitt verwendet. Gerade als ich mitm Abpausen und Nahtzugabe hinzufügen (arghhh, ich mag keine Schnitte ohne Nahtzugabe) fertig war, kam eine Email von yacurama (sie wusste von meinen Nähplänen) in dem sie mir aufgezeichnet hatte, wie ich den Hemdblusenkleid-Schnitt ändern könnte.

Der Plan gefiel mir wesentlich besser, also habe ich nochmals meine Pläne über den Haufen geworfen und das Vorderteil sowie das Rückteil vom Hemdblusenkleid neu abgepaust und die von ihrer vorgeschlagenen Änderungen durchgeführt. Als Abgleiche habe ich die Schnittmusterteile auf den FashionStyle Schnitt gelegt und von der Breite hat es bis auf ein paar mm exakt gestimmt. Ich war sehr begeistert und so konnte ich auch ab der Taille nach unten den Teil aus der Fashionstyle übernehmen. Die Abnäher im oberen Teil habe ich vom Hemdblusenkleid übernommen. Da in Höhe der Taille die Abnäher der beiden Schnitte exakt gleich breit waren, konnte ich ab der Taille einfach den FashionStyle Abnäher übernehmen. Im oberen Teil ab Taille aufwärts war „mein“ Schnitt 4cm kürzer als der aus der Zeitschrift und im unteren Bereich auch nochmals um 4cm kürze. Das ist schon ne Menge, aber war zu erwarten. Den Stoff hab ich dann aus Zeitgründen nicht gewaschen, sondern nur kräftig mit dem Dampfbügeleisen gebügelt. Inzwischen war dann schon Abendessens Zeit und gefühlt habe ich seit morgens noch nichts richtiges zustande gebraucht.

Dann habe ich einen großen Denkfehler entdeckt und meine Motivation war völlig dahin. Beim Vergleichen der Nahtlinien der Schnitteile ist mir aufgefallen, dass das Schnittteil der Rückenpasse ganze 4cm breiter war als mein geändertes Rückenteil. Da ich wusste, die Passe passt, musste der Fehler an meinen Änderungen liegen. Also hab ich meinen persönlichen Telefonjoker (yacurama) genutzt und sie konnte mir sagen, dass der Fehler daran liegt, dass ich einfach die Raffung vom Hemdblusenkleid am Rückteil rausgenommen hatte. Das war schnittkonstruktionsmäßig falsch. Richtig wäre gewesen, das entweder „zurückzubauen“ oder das Rückteil ausm Grundschnitt zu konstruieren. Da ich keine der beiden Techniken beherrsche – blieb mir nur das Improvisieren übrig. Also habe ich um das Armloch ein Rechteck ausgeschnitten und soweit nach außen verschoben, dass die Länge des oberern Teils an die Länge der Passe gepasst hat. Das hat das eine Problem mit dem Übergang zur Rückenpasse gelöst, leider hatte ich dann das Problem, dass nun das Armloch an der Seitennaht ganze 3 cm weiter raus stand, wie die restliche (untere) Seitennaht *grummel*. Das war der Punkt, an dem ich an dem Tag an dem Schnitt nichts mehr gemacht habe und lieber was anderes genäht habe. Gefühlt war ich am Ende des ersten Nähtages keinen Schritt weitergekommen, aber immerhin hatte ich einiges gelernt.

Paar Tage später habe ich mich wieder in der Lage gesehen, an dem Schnitt weiterzumachen. Zwischendrin war auch Zeit gewesen, den Stoff zu waschen, war mir eh lieber. Irgendwie bin ich dann wohl auf die Lösung meines Problems gekommen. Leider kann ich euch nicht mehr sagen, wie genau. Da ich das Schnittteil am Ende nach den Änderungen neu abgepaust habe und ich somit keine Änderungen mehr nachvollziehen kann.

Das Nähen an sich lief dann gut. Schließlich hatte ich mir erst fürs Weihnachtskleid eine Anleitung geschrieben. Diese habe ich dann noch an den Blusenbody angepasst und ein paar Schritte umgestellt, einfach um Zeit zu sparen und jeweils so viele Näh-/Bügel-/Steckschritte am Stück machen zu können. Ein Fehler ist mir noch unterlaufen. Ich habe es geschafft, den Kragen verkehrt herum anzunähen (der Unterkragen war oben). Das ist mir erst aufgefallen, nachdem ich die Nahtzugabe gekürzt hatte, *grummel*. Schweren Herzens habe ich die Naht wieder aufgetrennt und den Kragen erneut eingenäht.

Bei den Knöpfen war ich mir sicher, dass die nachtblauen sechseckigen Stegknöpfe von Atelier Brunette die perfekten Knöpfe wären. Sie sind wirklich die perfekten Knöpfe. Da die Knöpfe einen Steg haben, wollte ich nicht, dass diese unterhalb der Taille im Rock/ in der Hose noch weiterlaufen und sich dort untern Stoff abzeichnen können. Deswegen gehen die schicken Knöpfe bis knapp über die Taille und ab dort sind schnöde geerbte Plastikdruckknöpfe verarbeitet. Diese sind schön leicht und tragen überhaupt nicht auf. Langsam geht mein Vorrat an den Knöpfen zur Neige – ich glaube zu kaufen, habe ich die noch nie gesehen. Eigentlich schade. In meinem Fall mit dem leichten Viskosestoff wären die normalen Metalldruckknöpfe evtl. zu schwer gewesen.

Nachdem der Blusenteil dann am dritten Nähtag endlich fertig war, konnte ich den Pantyteil nähen. Das ging sehr schnell. Damit der Beinabschluss möglichst unauffällig ist und sich bei Hosen nicht abzeichnet, habe ich ein dehnbares Spitzenband verwendet. Der untere Teil ist für dritte ja nicht sichtbar und so durfte da pinke Spitze hin. Hab 10m davon, die mussten eh weg :-).

Dann kam der spannende Moment: wird der Blusenteil (nicht dehnbar) ohne große Falten an die dehnbarePanty passen und ist das gute Stück auch weit genug, dass ich da mit Kopf und Oberkörper durchpasse. Zu meiner großen Erleichterung hat der Blusenbody gepasst. Ich könnte noch ein bisschen Mehrweite an der Hüfte vertragen aber es schneidet nix ein und ich kommen leicht rein und raus. Was will man mehr?!

Ich bin sehr froh, dass ich mich dem Abenteuer gestellt habe und habe sehr viel gelernt. War ein paar Mal kurz davor, das Projekt als gescheitert zu erklären.

Jetzt fragt ihr euch bestimmt, warum lag das gute Stück dann zwei Jahre im Schrank? Ja, erst war es mir im Jan / Feb 2020 zu frisch damit im Büro und seit dem bin ich zu 100% im Homeoffice, da brauchen ich keinen Blusenbody. Sieht mich ja eh keiner. Da wäre es nur viel zu schade ums bügeln der Bluse. Vor kurzem hat es mich aber gepackt und ich habe zum Sonntagsausflug mit dem Mann die Bluse angezogen – so konnten wir zumindest Fotos machen.

Ich habe mir sehr wohl und gut angezogen damit gefühlt und dank dem unteren Bodyteil, verrutscht die Bluse auch nicht unterm Rock. Das ist sehr praktisch aber da ich mich inzwischen so gut im Homeoffice eingelebt habe, habe ich eigentlich keine Verwendung mehr für so ein schickes Businessteil. Naja, wer weiß was noch in Zukunft kommt. Eine Widerholung des Schnittes ist also erst mal nicht geplant.

So sieht das Outfit übrigens aus nach ner längeren Autofahrt – minimal verknittert 🙂

Oberteil
Schnittmuster: Hemdblusenkleid (Eigener Schnitt von Yacurama) angepasst an FashionStyle 1/2017, Pantyteil von Nettie Bodysuit (Closet Case Patterns)
Material: Viskose (Maya Stoffe Karlsruhe), Knöpfe: 5x 12mm Atelier Brunette (via Stoffquelle), G785 Einlage, Druckknöpfe: 6x 9mm Metall (4x Ärmel und 2x Schritt), 3x 13mm Plastik, Jerseyrest für den Pantyteil, dehnbares Spitzenband
Änderungen: sehr viele. Siehe Text
Änderungen fürs nächste Mal: Schulterlänge nochmal prüfen, Ärmel etwas verlängern, etwas am Blusenteil an der Hüfte dazugeben.
Fazit: Es war ein interessanter Prozess aber ich habe keinen Bedarf mehr an einem Blusenbody.

Rock – den kennt ihr schon von diesem Blogpost
Schnittmuster: Bund von Deer & Doe Hose, Rockteil Butterick Schnitt B5984
Material: Sanded Twill von Meet Milk, G710 Einlage für Bund, nahtverdeckter Reißverschluss
Änderungen: keine
Fazit: bewährter Tellerrockschnitt mit Taschen. Habe inzwischen schon mindestens fünf Versionen (u.A. in grün, navy, mit Punkten, dunkelrot)

Unterschrift Muriel

4 Kommentare

  • Twill & Heftstich

    22. April 2022 um 13:08

    Für mich sieht Dein neuer Blusenbody nicht nach Business aus; mag an der Farbe liegen, da ich formelle Hemdblusen eher mit hellblau/weiß verbinde. Ich finde das Teil toll und eine super Alternative zum Shirt, gerade zu Deinen Tellerröcken gefällt es mir sehr. Liebe Grüße Manuela

    1. Muriel

      25. April 2022 um 20:33

      Hallo Manuela,
      vielen Dank für deine Rückmeldung zu meiner Bluse. Vermutlich kommt es darauf an, was man arbeitet. Von deinem Kommentar her gehe ich davon aus, dass es dort um einiges förmlicher ist als bei mir auf der Arbeit. Da geht es sehr leger zu.
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • Tina

    22. April 2022 um 15:47

    Wie schlimm ist es, wenn ich gestehen muss, dass ich deiner Beschreibung nicht an jeder Stelle komplett folgen konnte? 😉 Ich kann mich Manuela anschließen, ich finde die Bluse auch nicht zu „business“. Aber ich bin auch eine Blusenliebhaberin…
    Ich mache mir bei den Bodies ja immer eher Sorgen, dass sich die Naht die über die Pobacke läuft bei Hosen abdrückt. Wie ist das bei deinem Body, sieht man mit der leichten Spitze wirklich nichts?
    Auf jeden Fall musst du jetzt nicht bei jedem Aufstehen wieder alles hinten zurückstopfen 🙂 Eine schöne Bluse!

    1. Muriel

      25. April 2022 um 20:32

      Hi Tina,
      danke für deine Rückmeldung, dass meine Beschreibung nicht so gut verständlich war. Ich gelobe Besserung. Wahrscheinlich hilft es schon, wenn ich Blogposts nicht erst zwei Jahre nachm Nähen schreibe 🙂
      Für mein Arbeitsumfeld ist alles Abseits von T-Shirt schon sehr business-like, da fällt ne Bluse definitiv darunter.

      Bei Bodys mit der Naht an der Po-Backe ist es das gleiche wie bei Unterhosen, je nach Verarbeitung des Saums sieht man es oder eben nicht. Ich selbst trage zu der Bluse eher weite Hose und da sieht man eh nicht so viel. Ich kann Dir die Frage also nicht beantworten. Wenn man da Bedenken hätte, könnte man den unteren Teil sicherlich auch als Tanga nähen.

      Lieber Gruß,
      Muriel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Post

NähFrauenReisen Sew Along: Zwischenstand

Nächster Post

Scheren schärfen - das war dringend notwendig