Gibt es zur Zeit etwas sinnvolleres als einen Badeanzug zu nähen?! :-)

{Hinweis: Der unten auf dem Foto gezeigte gestreifte Stoff wurde mir von Spoonflower zur Verfügung gestellt}

Seit inzwischen einer Ewigkeit möchte ich mir einen Badeanzug nähen. Meine Motiviation dafür war aber bisher nicht vorhanden. 2018 habe ich es tatsächlich geschafft, als Probevariante einen Bikini zu nähen, und seitdem lag mein Badeanzug-Projekt wieder brach. Die Materialien dafür hatte ich die ganze Zeit daheim.

Seit Anfang des Jahres war ich wöchentlich schwimmen und habe motiviert meine Bahnen gezogen, immer so ca 1km. Jedes Mal in dem Sophie Bikini von 2018. Doch dann kam der Virus und nichts war es mehr mit meinen Schimmplänen. Ich war enttäuscht, denn da habe ich endlich nach Jahren die Motivation, regelmäßig schwimmen zu gehen, und dann bremst mich so ne Pandemie aus – das ist doch gemein. Also musste ich mit meiner Schwimmmotiviation irgendwo hin und da fiel mir mein lange verdrängtes Badeanzug-Projekt wieder ein. Was lag also näher als mir aus Vorfreude einen Badeanzu zu nähen?! Mir hat die Aussicht auf den neunen Badeanzug in der ersten Zeit der geforderten Selbstisolierung sehr geholfen.

Leider hat mich das Projekt von Anfang an gefrustet, da es irgendwie nicht so der Selbstläufer war, wie vermutet. Eigentlich kein Wunder, wenn die Probeversion mehr als zwei Jahre her ist und meine Notizen dazu auch eher kryptisch sind. Immerhin war ich froh, dass ich damals die Cupteile mit „unserer“ Sewy-BH-Nählehrerin angepasst habe, und so dachte ich, dass der Rest vom Badeanzug ja nicht so schwierig sein kann. Unsicher war ich aber doch und so habe ich nun erst mal eine tragbare Probe genäht, bevor ich den guten Spoonflower Stoff anschneide – Sportlycra mit einem Motiv von ShopCabin (ihr farbenfroher Instagramaccount):

Die Größenfindung war um einiges komplizierter als gedacht. Laut Maßtabelle habe ich oben eine Größe 2 und unten eine 8/10. Ich habe dann mal kreativ die 2er-Linie von oben mit der 8er-Linie von unten verbunden. Zum Größenvergleich habe ich den Nettie Bodysuit Schnitt (auch Closet Case Files) aufgelegt. Mir erschien der Schnitt aber recht lang und so habe ich aus diesem 5cm herausgenommen. Der Schnitt ist laut Angabe im Schnittmuster für Personen gemacht, die ganze 14cm größer sind als ich. Ansonsten habe ich noch die Breite der Bridge vom Bikini übernommen, da mir diese sonst zu breit wäre.

Als tragbaren Probestoff habe ich mir einen wild schwarz-weiß gemusterten Badestoff von Sewy ausgesucht, kombiniert mit einem schwarzen Badestoff (auch Sewy). Beide Stoffe sind recht fest. Da der schwarze Stoff auch im gedehnten Zustand nicht durchsichtig ist, habe ich mich dazu entschlossen, an den Seitenteilen kein Badefutter zu verwenden. Das Badefutter erschien mir doch recht labbelig und eine Freundin, die den Badeanzug bereits genäht hat, meinte, dass das Badefutter die Tendenz hat, an den Seiten rauszuschauen. Das erschien mir angesichts der unterschiedlichen Dehnbarkeit als plausibel. Gefüttert habe ich den Badeanzug dann nur in der vorderen Mitte mit einem weißen Powernet und im hinteren Mittelteil mit weißem Badefutter. Ich denke, Powernet wäre auch gegangen, aber sonst hätte ich das Badefutter ja umsonst bestellt.

Die Änderung hat dazu geführt, dass ich den Badeanzugteil anders nähen musste als im Schnittmuster vorgesehen. Dort wird der Futter-Badeanzug am mittleren Steg oben verstürzt. Ich habe zunächst mit Sprühzeitkleber (ein für mich unabdingbares Hilfmittel beim BH nähen) das nicht dehnbare Tüll aufgeklebt und dann an der obere Kante des Mittelteils das Powernet verstürzt, nach innen geklappt und die anderen Kanten mit der Nähmaschine geheftet, somit konnte ich das vordere Teil als ein Teil weiter verarbeiten. Beim hinteren Mittelteil habe ich Futter und Oberstoff an allen vier Seiten geheftet und auch als eines weiterverarbeitet. Durch diese Änderung gäbe es eigentlich eine sichbare Nahtzugabe im hinteren Bereich des Zwickels. Da ich das nicht so schön fand, habe ich dort ein aufgeklapptes Falzgummi aufgenäht.

Mit zwei Jahren Abstand zwischen dem Probe-Bikini und dem jetztigen Badeanzug ist auch mein Wissen über BH-Bügel gewachsen und so habe ich mich jetzt für einen noch besser sitzenden BH-Bügel (Flexy B3 orange von Sewy) entschlossen. Im Schnitt ist vorgesehen, dass der Träger vorne einfach am Cup festgenäht wird. Dadurch könnte sich der Cup im getragenen Zustand verziehen. Von der Freundin kam dann der Tipp, dass im Videokurs, den es zusätzlich zu dem Schnitt zu kaufen gibt, der Bügel an einem innen am Cup angebrachten Band befestigt wird. Dadurch ist der Träger im BH-Bügel verankert und kann nicht mehr am Cup selbst ziehen. Die Änderung habe ich dann so übernommen. Die Position der Träger (1″) vom BH-Bügelband habe ich so übernommen, an mir sitzt der Träger dort gut und rutscht nicht (auch wenn das an der Puppe so aussieht). Die Träger sind recht lang und ich konnte diese um 10cm kürzen. Eigentlich hatte ich nicht geplant, die Träger abnehmbar zu machen – ich bin einfach keine Sonnenanbeterin, aber für die eben angesprochenene Änderung macht es Sinn, dass diese abnehmbar sind. Zum Glück hatte ich von einem alten BH mal die Haken entfernt und konnte die jetzt bei dem Projekt wiederverwenden.

Die Träger an sich habe ich auch anders genäht als im Schnittmuster beschrieben. Dort wird der Träger samt Gummiband gewendet. Das klang für mich recht fummelig und ich habe die Methode verwendet, die ich von Sewy kenne: Badegummi am Rand des Trägerbands auf der linken Seite auflegen und dann zweimal einrollen, die Wurst mit Klammern fixieren (falls notwendig nachziehen) und mittig mit einem für Badegummi geeigneten weiten Zickzack nähen. Im Anschluss kann das überstehende Band mit der (Applikations)Schere knappkantig zurückgeschnitten werden.

Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich meiner Liebsten-Facetime-Nähcrew (pop_Chrissy, Mimi, 500days of sewing und Yacurama) danken, die mir die Nähzeit am Badeanzug in etlichen Nähabenenden versüßt haben.

Schnitt: Sophie Swimsuit Ver A (Closet Case Patterns) Oben Gr 2 mit Cupsize 5+(vergrößert), unten Gr 8
Material: Badestoff, Badefutter (hintere Mitte), Badegummis, Laminat, nicht-dehnbarer Tüll, BH-Bügel (Sewy B3 orange), Bügelband (+ Reststück für Halterung von abnehmbaren Trägern), Powernet (vordere Mitte), 4x BH-Haken (für abnehmbare Träger), 2x kurze Stücke stabiles Band zur Stabilisierung der Träger vorne im Cup, Framiltonband (obere Cupkante), Rest-Falzgummi wg Naht an Zwickel
Änderungen: siehe Text
Änderungen fürs nächste Mal: Beinausschnitt von Panty-Schnitt von Indigochird übernehmen, im unteren Bereich noch ne Größe hoch, in der Länge wieder 1-2cm hinzugeben (ich warte, bis ich nen Schwimmtest machen konnte); entweder: Gummiband hinten oben besonders vom Cup unter den Armen beim Annähen ziehen sowie die restliche Strecke leicht ziehen oder den oberen hinteren Teil komplett ändern, so dass ein Bikiniverschluss verwendet werden kann und im Rückenbereich es einen schönen Ausschnitt gibt.
Fazit: Ich bin sehr glücklich, dass ich endlich das Badeanzug-Projekt angegangen bin, dennoch wurmt es mich jetzt etwas, dass ich ein Projekt genäht habe, das ich auf absehbare Zeit nicht anziehen kann … vielleicht sollte ich mich doch mal raus an die Sonne legen.

Unterschrift Muriel

PS: Inzwischen habe ich meinen fehlenden Sport durch tägliches! (sanftes) Yoga ersetzt und bin soooo froh, dass ich Yoga für mich wiederentdeckt habe und weiß inzwischen, dass mir Yoga via Online-Videos/Viedokonferenzplattformen sooo viel mehr Spaß macht als die Kurse, die ich in der Vergangenheit (mind über 8 Jahre her) besucht habe. Ich hoffe, dass ich mir meine Motivation auch noch nach Ende der Selbstisolation beibehalten kann. Zum morgendlichen Yoga wird es mir wahrscheinlich nicht reichen – die Zeit geht für die Fahrt ins Büro drauf. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich dafür früher aufstehe, ist sehr gering. Finde es so schon schwer genug, „zeitig“ im Büro zu sein.

5 Kommentare

  • Frau Nähfreundins Tagebuch

    21. April 2020 um 9:35

    Es ist genau das Richtige, was man tun kann!!!! Ich wünsche Dir, daß Du bald Gelegenheit haben wirst, den Badeanzug auch zu tragen! Schönes Modell, hab Dank fürs Vorstellen.
    Liebe Grüße
    Susan

    1. Muriel

      21. April 2020 um 9:49

      Hallo Susan,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Ich wünsche Dir alles Gute.
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • 500 days of sewing

    21. April 2020 um 19:41

    Beim letzten Satz musste ich lachen. Ich schlafe zwar auch lieber aus, aber bevor ich auf meine Lieblingssport-Session verzichte, muss es halt manchmal frühmorgens sein 😉 Aber vielleicht wirst du dann später mal einfach eine Yoga-Abendroutine haben – wer weiß.
    Ich war ja bei den meisten Problemen und Änderungen dabei, bzw. habe nachträglich davon gehört. Aber so geballt zusammengefasst klingt das nach einem doch sehr aufwändigen Projekt. Respekt für dein Durchhaltevermögen. Nähe den nächsten lieber ganz bald, sonst wird es wieder ähnlich anstrengend. (Nur als Tipp von einer, die all ihre Projekte immer sofort angeht 😛 )
    Dein Probe-Badeanzug ist jedenfalls ganz schön toll und ich freue mich auf die Spoonflower-Version!
    Viele liebe Grüße,
    Melanie

    1. Muriel

      21. April 2020 um 20:17

      Hallo Melanie,

      Da kennst Du meine Motivation aber schlecht. Schlaf geht bei mir über alles :-).

      Aktuell habe ich fest vor zeitig den nächsten Badeanzug zunähen.

      Lieber Gruß Muriel

  • Endurance Sports-Bra – der Erste – Nahtzugabe5cm.de

    19. August 2020 um 15:34

    […] zunähen. Somit kann ich das Set auch beim Schwimmen tragen und fühle mich damit wohler als in dem Badeanzug, den ich vor ein paar Monaten genäht habe. Der Sportlycra ist chlorfest und die restlichen […]

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