Black Beauty Bra: Am Ende wird alles gut

Im Laufe des diesjährigen #Braugust2019 (eine jährliche Instagram Challenge von TailorMadeShop) habe ich in den letzten Wochen viele schöne Versionen des BH Schnitts „Black Beauty Bra“ von Emerald Erin gesehen. Es schien mir, als wäre das momentan DER Schnitt in der weltweiten BH-Näh-Community. Das besondere daran ist die außenliegende Powerbar (das sind die links und rechts seitlich über den Cup verlaufenden Schnitteile, welche in den Träger übergehen). Auch mir hat der Schnitt bereits, als er vor ein paar Monaten veröffentlich wurde, gleich sehr gut gefallen. Jedoch hat mir die Motivation gefehlt, mich mit einem neuen Schnitt bzw. einer für mich neuen Schnittherstellerin zu beschäftigen. Schließlich habe ich gut sitzende BH-Schnittmuster von Orange Lingerie und Cloth Habit, welche ich einfach „runter“nähen kann.

Der Aufwand bei einer bisher noch nicht genähten BH-Schnittmusterfirma ist (zumindest bei mir) in der Regel immens und kann unter Umständen auch einiges an Material „kosten“. Es gibt zwar einige Tricks, mit denen man vorab die Passform ungefähr abschätzen kann, aber im Endeffekt weiß man erst wenn der BH komplett fertig ist, ob dieser wirklich tragbar ist oder nicht.

Nichtsdestotrotz konnte ich irgendwann nicht mehr dem Drang nach dem Schnittmuster widerstehen und habe mir den Schnitt für 20 kanadische Dollar gegönnt. Den Schnitt gibt es in zwei Größenpacks: 28-34 B-DD, 28-34 E-G. Da ich mich bisher immer in einer moderaten Größe gesehen habe, habe ich mir den Schnitt im kleineren Größenbundle gekauft. Leichtsinnigerweise habe ich angenommen, dass ich auswendig meine BH-Größe kenne, und mir gleich die Größen 34D & 34DD ausgedruckt (Fehler Nr. 1). Erst danach kam ich auf die Idee, mir die Messmethode von Emerald Erin anzuschauen, und musste feststellen, dass sie anders misst als z.B. Orange Lingerie (wobei ich dort ein 32er Band habe – von dem her lag ich eh falsch).
Daher war ich am ersten Abend, an dem ich mit dem BH anfangen wollte, sehr enttäuscht, dass ich mir die falsche Größe ausgedruckt habe. Nach dem Messen kam ich dann auf eine 28DD – das wäre der größte Cup in meinem Größenpaket. Das hat mich nicht gerade sehr positiv gestimmt. Am nächsten Abend habe ich die Laminatschnitteile abgepaust und den Cup schnell genäht … da war sie, die nächste Enttäuschung. Der Cup war um Welten zu klein. 🙁

Frustiert war ich kurz davor, das ganze Projekt aufzugeben oder alternativ nochmal $20 für das größere Größenpaket auszugeben … aber einen Schnitt doppelt zu bezahlen, dazu konnte ich mich dann doch nicht durchringen. Nach einigem Gegrummel, das vor allen Dingen Melanie („500daysofsewing“ – meine BH-Näh-Schwester) abbekommen hat, fiel mir ein, dass Emerald Erin einen Blogpost zum Thema Sister Sizing veröffentlicht hat – mit Anleitung, wie man dieses bei diesem Schnittmuster anwendet. Was Sister Sizing ist und wie es funktioniert, beschreibt sie sehr ausführlich in dem oben verlinktem Post. Diesen kann ich nur wärmstens allen BH-Näherinnen unabhänig von dem Schnitt empfehlen. So habe ich erfahren, dass sich der richtige Cup wahrscheinlich doch in meinem Größenpack versteckt – nämlich in dem 34D Cup … und das war genau die Größe, die ich als erstes ausgedruckt und zum Glück aufgehoben hatte.
Also habe ich die Laminatcupteile für den 34D genäht und an mich dran gehoben und siehe da, diese Cupgröße (+2 verglichen mit dem ersten Versuch) sah vielversprechender aus. An mich ran gehoben wurde alles bedeckt und es schien, als wäre auch noch genug Nahtzugabe übrig. Die Puppe aufm Bild hat ungefähr das gleiche Cupvolumen wie ich – da diese aber aus Styropor ist, gibt sie aber nicht so nach, wie es eine echte Brust tun würde.

Somit konnte ich mich an die notwendige Bandänderung machen, um so aus einem 34er Band ein 28er Band zu machen. Dank dem oben erwähnten Blogpost von Emerald Erin hat das sehr gut funktioniert. Als Vergleich habe ich das Band des Boylston Schnittes (welcher gut bei mir sitzt) genommen. Nach der Änderung waren beide BH-Bänder gleich lang – das versprach passend zu werden. Somit war der einzige Risikofaktor der Cup. Weitere Änderungen siehe weiter unten im Kapitel „Änderungen“.

Bei neuen BH-Schnitten nehme ich immer Materialien, an denen ich nicht so hänge, damit – falls es ein Teil für die Tonne wird – der Verlust nicht so schlimm ist. So kam ich darauf, als Hauptmaterial dehnbaren Punktetüll mit hellrosa Gummibändern zu kombinieren = Variante A/View A des Schnittes. Das Nähen nach ihrer Anleitung hat gut geklappt. Für mich war die Versäuberung der kompletten BH-Oberkante mit Falzgummi neu.
Als der BH dann fertig war, war ich sehr enttäuscht: Der Cup war um einiges zu klein. Die Bridge hatte nicht annäherd die Chance anzuliegen und oben „quoll“ es raus. 🙁 Ich glaube, ein Grund dafür ist die Powerbar. Diese pusht nochmal ordentlich die Brust nach vorne in die Mitte und wenn dann im Cup nicht genug Platz ist, passt der BH einfach nicht. Für einen Kauf-BH wäre ich mit dem Sitz zufrieden gewesen, aber für einen Genähten konnte ich damit nicht zufrieden sein. Schließlich nähe ich, damit ich endlich gut sitzende BHs habe.

Noch eine Anmerkung zur Verarbeitung dieser Variante: Im Schnitt wird der Cup (als auch das Band) nicht gefüttert/gedoppelt. D.h., die Nahtzugaben würden am Körper liegen. Das stelle ich mir besonders beim Cup unbequem vor. Ich vermute, im Schnitt ist diese Variante für Anfängerinnen gedacht. Beim View B wird gezeigt, wie der Schnitt am Cup gefüttert wird, falls man kein Laminat verwendet.

Hätte ich in den letzten Wochen nicht so viele schöne Varianten des Schnittes auf Instagram unter dem Hashtag #BlackBeautyBra gesehen, hätte ich an der Stelle sicherlich die Motivation völlig verloren, aber Andere haben es auch geschafft, da musste es machbar sein. Also habe ich es nochmal einen Cup größer probiert (zufällig entsprach das der zweiten Cupgröße, die ich auch ausversehen ausgedruckt hatte) und dann „durfte“ ich nochmal die ganzen Änderungen am Band machen. 🙁 Aber immerhin war ich schon warmgelaufen und somit ging es das zweite Mal schneller.
Vor der zweiten Version in 34DD, was nach der Bandänderung einer 28FF entsprach, hatte ich großen Respekt – die Zahlen-Buchstaben-Kombination erschien mir so groß. Viel Größer als bei anderen BH-Schnitten. Die „Anprobe“ des Laminat-Cups war jedoch erfolgsversprechend und so habe ich mich mutig entschieden, eine meiner schönen Spitzen zu opfern und das Risiko zu wagen. Die Verarbeitung mit Spitze entspricht dem View B im Schnitt.

Ich finde es schade, dass im Schnitt, obwohl diese Version für Spitze gedacht ist, die Bandschnittteile nicht auch so angepasst sind, dass es unten eine schöne Spitzenkante gibt. Dank der Sewy BH-Nähkurse, die ich besucht habe, weiß ich aber inzwischen, welche Änderungen dafür notwendig wären. Für die Größenfindungsphase waren mir die dafür notwendigen Änderungen am Schnitt zu viel Arbeit.

Ich habe schon andere Schnittmuster mit Laminat vernäht – die Art, wie hier die obere Kante verarbeitet wird, nämlich mit Falzgummi, gefällt mir sehr gut. Ich habe das Falzgummi ganz leicht angezogen und so hat der Cup eine schöne runde Form bekommen. Diese Methode werde ich sicherlich auch bei anderen Schnitten noch nutzen. Bei Sewy in den Kursen wird dafür dünnes Gummiband verwendet, das ist etwas frimelig beim annähen – das war beim Falzgummi viel einfacher, das verrutscht nicht.

Ich freue mich sehr, dass ich endlich wieder einen gut passenden BH mit Polsterung habe, auch wenn ich zugeben muss, dass nach langer Zeit mit ungepolsterten BHs das Gefühl doch schon sehr „panzerartig“ ist. Ich schätze, das legt sich mit der Zeit wieder – schließlich habe ich bis vor ca. 1-2 Jahren mein ganzes Leben nur „Panzer-BHs“ getragen und das damals aus Überzeugung – heute würde ich sagen, aus Unwissenheit und mangels mir bekannter gut sitzender Alternativen.

Änderungen

Bei beiden Versionen:

  • Bridge verschmälert: Dazu nehme ich immer eine gut sitzende Bridge eines anderen Schnittes. Die neue Bridge wird in der Mitte senkrecht durchgeschnitten und dann soweit aufeinander geschoben, dass diese der Breite der guten Bridge entspricht.
  • Bandlänge: Am Backband habe ich die Änderung von Emerald Erin aus ihrem Blogpost vorgenommen, um von 34er Band auf 28er Band zu kommen.
  • Backband: Ich habe das geschwungene Backband vom Boylston BH (leider noch nicht verbloggt) übernommen. Anpassung war jeweils nur ein paar mm am unteren Rand für einen schönen Übergang vom seitlichen Bandteil zum Rückteil. Diese Änderung des Backbands habe ich auch schon bei etlichen anderen BH-Näherinnen bei diesem Schnitt gesehen.
  • Band ist komplett gedoppelt bzw. Bridge besteht aus drei Lagen (dehnbarer Punktetüll, nicht dehnbarer Tüll und Powernet): Somit gibt es innen keine sichtbaren Nahtzugaben und dank des gedoppelten Backbands wird der ganze BH stabiler und leiert wesentlich weniger aus.

Version 1 – View A (Falzgummi Variante (schwarzer Tüll))

  • Falzgummiträger: Sie empfielt, ein 6mm breites, nicht dehnbares Band im Falzgummi mitlaufen zulassen, damit sich dieser Teil des Trägers nicht dehnt. Ich habe am Boylston BH (noch nicht verbloggt) für mich die Erfahrung gemacht, dass ich es angenehmer finde, wenn sich alle Teile des Trägers wenigstens ein bisschen dehnen bzw. mitbewegen können und so habe ich stattdessen schmales durchsichtiges Band mitlaufen lassen. So hat der Trägerteil etwas Dehnbarkeit aber nicht so viel wie er mit nur Falzgummi hätte.
  • Powerbar: Im Schnitt wird diese nicht gedoppelt. Da ich jedoch einen dehnbaren Tüll verwendet habe, habe ich diesen noch mit Powernet unterlegt und als eine Lage verarbeitet.

Version 2 – View B (Spitzen Variante)

  • Bügelband: die äußeren Enden habe ich unter der Zackenlitze (Unterarmgummi) laufen lassen. Somit ist das ein schöner Abschluss.
  • Backband: Ich habe aus optischen Gründen am Backband noch Reststücke der Spitze verarbeitet, somit läuft die Spitze sanft nach hinten aus und hört nicht plötzlich im Band abrupt auf. Super Verwendungsmöglichkeit von kleinen Spitzenresten.
  • Unterbrustgummi: da ich nichts anders da hatte, habe ich ein schmales Gummi (ca. 1cm) dafür verwendet, im Schnitt war ein 12mm breites vorgesehen. Die fehlenden 2mm habe ich am Band abgeschnitten, als dieses zusammengenäht war.

Fazit

Im Endeffekt muss ich zugeben, bin ich sehr froh, dass mich der Schnitt durch die Herausforderungen mit der Größe dazu gebracht hat, mich endlich in der Praxis mit dem Thema „Sister Sizing“ (auf Deutsch „Kreuzgrößen“) zu beschäftigen. Ich habe dennoch im Austausch mit anderen BH-Näherinnen herausgehört, dass diese auch Probleme bei der Größenfindung hatten. Bei anderen Schnittmustern ist mir dies bisher nicht so aufgefallen.
Aufgrund dessen würde ich persönlich den Schnitt eher jemanden mit BH-Näherfahrung empfehlen, als jemanden, der erst mit dem BH nähen anfängt. Ich wundere mich immer noch, wie eine Größentablle bzw. die gemessenen Maße so stark abweichen kann. Drei Cups lag ich bei der Messmethode (Full Bust minus Under Bust) noch nie daneben. So falsche Ergebnisse bekomme ich sonst nur bei der Full Bust minus Upper Bust Messmethode – warum ich vermute, dass das bei mir so ist, darüber gibt es einen Blogpost.

Innen liegt der Cup, den ich lt. Maßtabelle haben sollte. Der Cup, der mir schlussendlich gepasst hat, geht ja noch bis unter das Bügelband bzw. unter das Unterarmgummiband – also da fehlt wirklich einiges an Volumen.

Vielen Dank an den konstruktiven Austausch zu dem Schnittmuster an Brina sowie SaSa, Bra and Bee (bei ihr gibts auch einen Blogpost zu diesem Schnitt) and many thanks also to buttonandneedle und the twisted poppy.

Zusammenfassung

Schnitt: Black Beauty Bra (28F/28FF) von Emerald Erin
Material (komplett vom Bestand):
Variante 1: dehnbarer Punktetüll, Powernet, Falzgummi, Unterbrustgummiband, BH-Trägergummi, Ringe + Schieber, endlos BH-Verschluss, Bügelband, Laminat, nicht dehnbarer Tüll, Framiltonband, BH Bügel (Staby von Sewy)
Variante 2: Spitze, Powernet, Zackenlitze, Unterbrustgummiband, BH-Trägergummi, Ringe + Schieber, BH-Verschluss, Bügelband, Laminat, nicht dehnbarer Tüll, BH Bügel (Staby von Sewy), Schleife
Änderungen: siehe Text.
Änderungen fürs nächste Mal: Bei einer Spitzenvariante würde ich die Schnitteile so anpassen, dass es auch unten eine schöne Spitzenkante gibt.
Fazit: Nach meinen Änderung gefällt mir die Passform sehr gut. Die Powerbar tut das, was sie tun sollte. 🙂  Aufgrund der Herausforderungen bei der Größenfindung würde ich diesen Schnitt nicht für BH-Nähanfängerinnen empfehlen.

Unterschrift Muriel

 

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