Arghhh, was passiert, wenn man Projekte, die nicht sein sollen doch versucht durchzuziehen

Nach meiner ersten Probeversion des trägerlosen BH Schnitt „Esplanade“ von Orange Lingerie, welche wesentlich erfolgreicher war als ursprünglich gedacht aber dennoch noch ein paar Optimierungspunkte hatte, wollte ich unbedingt noch eine zweite Variante nähen. Inzwischen habe ich zusätzlich zu meinem Stofflager für „normale“ Kleidungsprojekte auch ein gut gefülltest Unterwäsche-Materiallager, so stand dem Vorhaben eigentlich nichts entgegen.

Bei meinem Ausflug zu Sewy im letzten Jahr hatte ich mich auch mit petrolfarbenen Stoff eingedeckt. Meine Liebe zu der Farbe ist nach wie vor noch existent aber inzwischen konnte ich mir den Stoff nicht mehr als normalen BH vorstellen. Der Stoff hat für einen „BH-Stoff“ relativ breite Streifen. Die lassen sich, meiner Meinung nach, eher nur schwer sinnvoll auf so kleine Stoffstücke unterbringen wie es bei einem normalem BH-Schnitt erforderlich ist. Deswegen wollte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und habe angefangen den Stoff für den trägerlosen BH zu zuschneiden. Abgesehen von den Cup-Schnittteilen sind die Bandschnittteile, verglichen mit nem Standard-BH-Schnitt riesig und lassen die Streifen besser zu Geltung kommen. Bin mit der Wahl des Stoffes war ich aber immer noch nur so semi happy. Stand heute würde ich den nicht mehr kaufen aber jetzt war er schon mal da.

ein neuer trägerloser BH entsteht

Nachdem ein Teil schon zugeschnitten war (Prozess ging verteilt über 2 Tage) hat Orange Lingerie auf Instagram eine Version des Schnittes aus Spitze gezeigt – wow, so was wollte ich haben. Umso mehr sank meine Motivation zu „Sträflingsstreifen“-Modell auf meinem Zuschneidetisch. Weil ich es mit mir nicht vereinbaren konnte, die bereits zugeschnittenen Teil zu entsorgen, habe ich mich aufgerafft und den BH mit dem Streifenstoff zugeschnitten.

Meine Arbeitsmoral wurde durch diverse (selbst verursachte) Pannen auch nicht besser. z.B. Wollte ich petrolfarbenes Laminiat verwenden, die Bandteile habe ich aber schon mit schwarzen BH-Powernet unterlegt. Somit wären die beiden Cups im Hintergrund sichtbar Petrol gewesen der Rest des BHs aber schwarz. Das geht ja überhaupt nicht. Mein Plan die Laminatteile vor dem Beziehen mit dem Oberstoff noch mit dünner schwarzer Mikrofaser zu doppeln ist mir erst nach dem Nähen des ersten wieder eingefallen. Beim zweiten habe ich das Mikrofaser mit Strühzeitkleber auf dem Lamniant geklebt und als ein Stück weiterverarbeitet – das hat wunderbar geklappt. Beim ersten Cup musste ich dann das Mikrofaser ganz normal wie den Oberstoff zuschneiden, nähen und dann auf den Cup aufziehen. Das war einiges mehr Arbeit. Auch in dem Fall habe Laminat-Cup und  die schwarze Mikrofaser via Sprühzeitkleber befestigt. Anschließend konnte ich beide Cups mit dem Oberstoff beziehen. Im fertigen Zustand merke ich zwischen beiden Cups keinen Unterschied. Die extra genähte Mikrofaserlage kann man bei genauem Abtasten noch erfühlen aber nicht so, dass es sichtbar wäre.

BH von innen, wie beim letzten Mal mit zusätzlichen Stab am Verschluss

Ich hatte mit den anderen Teilnehmerinnen von „unserem „Sewy Kurs eine regen Austausch über die Fragestellung, in wieweit man beim Beziehen des Cups den Oberstoff „spannen“ darf so dass dieser weder zu viel Spiel hat (Falten wirft) noch zu straff ist. Dieses Mittelmaß habe ich bisher immer geschafft einzuhalten. Dieses Mal hatte ich, ausgelöst durch die Diskussion, plötzlich Angst vor späteren Falten durch nachträgliches Ausleihern, dass ich wohl nen Tick zu stark den Oberstoff am Laminatcup gezogen habe. Mit dem Resultat, dass sich (leider erst einige Zeit) später, die obere Kante des Laminats nach oben abstand 🙁 Zu dem Zeitpunkt, war der Cup dann schon an den restlichen BH genäht und selbst wenn ich gewollt hätte, wäre keine Nahtzugabe zum rauslassen mehr dagewesen. Notgedrunken habe ich am oberen Rand eine sichtbare Naht genäht, die den Effekt nun verhindert aber nun habe ich eine Naht wo keine hingehört. Meine Arbeitsmoral sank noch weiter in den Keller. Jeder kleine Vernäher kam mir inzwischen vor wie eine Katastrophe aber ich wusste, wenn ich jetzt nicht die Zähne zusammen beiße und die restlichen Schritte noch durchziehe liegt der BH ewig aufm UFO Stapel und der Schnitt, den ich eigentlich sehr sehr schön finde, würde bei mir im Kopf erst Mal gestrichen. Soweit wollte ich es dann doch nicht kommen lassen.

Auf Grund meiner bombenmäßigen Motivation habe ich im Laufe des Nähens ganze vier Nadeln! erfolgreich geschrottet. Die Lebensspanne mancher Nadel war unter 30min : -( So frustriert hat mich schon lange kein Projekt mehr.

Eine Änderung zum Probe-BH habe ich noch gemacht. Die Tunnel für die Stäbe unterhalb der Cups habe ich nicht wie im Schnitt vorgesehen nach dem Annähen des Bügelbands angenäht sondern mit den Bügelband mitgefasst. Beim ersten BH hatte der Stab an der Stelle Spiel. So gefällt es mir besser.

Irgendwann war der BH dann auch wirklich fertig (das ganze Nähdrama ging auch nur einen So Nachmittag) aber ich war mega unglücklich. Der BH sah für mich nach „Sträfling“ aus, die vorgenommene Änderung am Cup hat zwar eine Besserung gebracht aber immer noch liegt der BH in der Mitte im oberen Bereich nicht perfekt an, gefühlt waren alle Nähte schief …. *grummel* Selbst das Anprobieren brachte mir keine wirkliche Freude. Es war einfach alles ist doof  mit diesem Projekt. Um wenigstens wieder auf gute Laune zu kommen habe ich mich mit nem Buch in die Wanne gelegt und bisschen Wellness gemacht. Danach ging es mir besser aber Freude über den neuen BH war keine da.

Später am Abend musste Mann noch an „meinen“ Laptop – in der Zeit war mir langweilig und ich habe spontan aus dem Stoffrest noch eine Panty „Lady Shorty“ (Cloth Habit) zugeschnitten. Gerne hätte ein schwarzes Spitzengummi verwendet, war aber keines da. War mir dann aber auch ziemlich egal. Und dann geschah ein Wunder: Als diese Panty fertig war und ich das Set dann zusammen gesehen habe, war sie da meine Begeisterung. Plötzlich waren alle kaputten Nadeln vergessen, die schiefen Nähte waren dann doch  nicht so schie.

BH:
Schnittmuster: Esplanade Bra (Orange Lingerie)
Material: Oberstoff  + Kurzwarenpaket (Sewy – gekauft im Ladengeschäft), Plastikstäbe + Meterware BH-Schließe (Wien2002)
Änderungen: siehe Blogpost vom letzten Mal + die obere Kante der beiden kurzen Tunnel unter der Brust habe ich gleich in einem Zug mit dem Bügelband angenäht + Alle Tunnel gehen in der Version jeweils bis zur Mitte vom Unterbrustgummi. Die Stäbe unterhalb der Cups wurden unterm Bügelband mitgefasst.
Beim nächsten Mal werde ich am unteren Band am Frame-Übergang-zum-BackBand noch ca. 0,5cm weg nehmen.
Fazit: Ja, das war ein echtes Hin und Her meiner Gefühle mit dem BH. Dafür kann der Schnitt aber überhaupt nichts. Als nächstes nähe ich dann mal eine Spitzenversion. Für mich ist der BH alltagstauglich und nicht nur in Kombination mit Kleidung, welche einen trägerlosen BH erfordern. Der BH trägt sich wirklich sehr gut.

Panty:
Schnittmuster: Ladyshorts von Cloth Habit (gratis Schnittmuster)
Material: Spitzengummi (Euro-band via Dawanda), Reststoff vom BH Sewy, Baumwolljerseyrest (für Zwickel)
Änderungen: Mein Spitzengummi war 1cm breiter als im Schnitt benötigt, deswegen habe ich an allen Kanten, welche mit Spitze „versäubert“ wurden, am petrolfarbenen Stoff 1cm weggenommen.
Fazit: Vor ein paar Monaten habe ich den Schnitt das erste Mal genäht und immer noch habe ich keinen Haken daran gefunden. Er ist mein Go-To-Pattern für Pantys aus nicht-Spitzenstoff.

10 Kommentare

  • mema

    14. August 2017 um 15:13

    Du machst so tolle Dessous. Und die Geschichten dazu gefallen mir auch sehr. Vielleicht versuche ich auch mal Esplanada. Gruß Mema

    1. Muriel

      16. August 2017 um 20:02

      Hallo Mema,
      vielen Dank. Der Esplanade ist echt ein toller Schnitt. Früher stand ich trägerlosen BHs wegen der dort vernähten Silikongummis immer kritisch gegenüber. Der Esplanade kommt ja ohne aus und ich finde das viel angenehmer zu tragen.
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • Anne von CUT.SEW.LOVE.

    26. August 2017 um 5:51

    Wow, beim Lesen habe ich gedacht: was hat sie denn bliss? Das sieht doch super aus. Die Naht-die-da-nicht-hingehört wäre mir als BH-Näh-Unwissende überhaupt niemals aufgefallen. Ich finde das Teil super beeindruckend! LG

    1. Muriel

      26. August 2017 um 10:50

      Danke

  • Zwergs Welt

    31. Oktober 2017 um 7:32

    Ich hab bei der Hälfte deiner Beschreibungen nur Bahnhof verstanden X-D. Das musst du mir am Wochenende genauer erklären, vielleicht bringst du uns ein Anschauungsmodell mit? 🙂 Ich finde ihn ja wunderbar <3.

    Liebe Grüße,
    Anna

    1. Muriel

      31. Oktober 2017 um 15:51

      Hallo Anna,
      das trifft sich sehr gut. Hatte mir eh vorgenommen am Wochenende noch einen Esplande Bra zu nähen.
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • The Sewing Oscars 2017 – ich bin auch dabei (Teil 1/2) – Nahtzugabe5cm.de

    30. Juni 2018 um 11:27

    […] schulterfreie Kleid). Ich habe im letzten Jahr davon vier Varianten genäht: erste Version, “Sträflingsmodel“, den schwarz-weiß-roten (auf dem Bild) und einen passenden zum kirchlichen […]

  • Podcastepisode Nr. 21 Teil 2 mit Daniela (DamnedSnob) vom “ausfasernd”-Podcast – Nahtzugabe5cm.de

    10. Juli 2018 um 14:07

    […] Panty-Schnittmuster: Nix für mich waren: Fabrik der Träume und Emse Panty. Super waren dafür die Lady Shorts und Panty von So Sew […]

  • Und es geht doch – der XO Bra – Nahtzugabe5cm.de

    14. Juli 2018 um 21:55

    […] türkise “Sträflings”-Stoff ist ein Rest von meinem zweiten Esplanade Bra. Habe immer noch was […]

  • Eine neue Liebe: der Harriet Bra – Nahtzugabe5cm.de

    2. Mai 2019 um 16:15

    […] Cloth Habit. Der Watson Softbra wurde viel zu klein, dafür ist das kostenlose Panty Schnittmuster Ladyshorts mein lieblings Schnittmuster für Pantys. Vielleicht gebe ich irgendwann dem Watson dann doch […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Post

Hosen und ich: Flint Shorts

Nächster Post

BH nähen: Nähfüße