Nähen-Stricken-Häkel Nachmittag in der Flüchtlingsunterkunft

Ich weiß gar nicht mehr genau, wie ich auf die Idee kam, ein Nähtreffen in einer Flüchtlingsunterkunft zu initiieren. Vor einiger Zeit hatte ich darüber geschrieben, dass ich bei einer Tee-Kaffestunde in einem Erstaufnahmelager helfe. Dort helfe ich gerne, jedoch fehlt mir dabei etwas der richtige Kontakt zu den Migranten und so war ich auf der Suche nach einer Alternative.
Für Helfer gibt es inzwischen viele Möglichkeiten sich einzusetzen. Leider bin ich weder für Kinderbespaßung noch Deutschunterricht geeignet. Abgesehen davon, dass diese Hilfen (zumindest bei uns) nur tagsüber benötigt werden und ich da wegen der Arbeit nicht kann.

Also habe ich überlegt, was ich kann und „spontan“ ist mir das Nähen eingefallen. Es hat dann nochmal fast 2 Monate gedauert, bis meine Idee bei einer Flüchtlingshilfe Gehör fand und ich „Vorsprechen“ durfte. Eine der anderen Helferinnen fand die Idee so toll, dass sie spontan ihre gute alte Pfaff für die Aktion gespendet hat.

Es ist ja schön und gut, wenn man eine solche Idee sowie einen Ort (Flüchtlingsunterkunft mit ca. 160 Menschen) dafür gefunden hat, aber ohne weitere nähbegeisterte Helfer hätte die Idee nicht funktioniert. Etwas nervös habe ich dann andere lokale Näherinnen angeschrieben und zu meinem großen Glück fanden sich noch andere Freiwillige. Unter anderem dabei waren FriFris und Fr. minimale extravaganz. Katharina (Froebelina.de) kam auf die Idee, dass man doch auch noch Stricken und Häkeln anbieten könnte. Zwei Bereiche, in denen ich mich gar nicht auskenne, und so war ich froh, dass sie diesen Orga-Teil übernommen hat.

Somit hatte ich eine Flüchtlingshilfeorganisation als „Träger“, einen Ort und andere Helfer. Gefehlt hat dann nur noch Material wie Stoffe etc. Zwar hatten wir Helfer ein paar Stoffe daheim, aber um einen Nähtreff mit unbekannter Teilnehmerzahl stemmen zu können, war es zu wenig.

Nach einem Aufruf bei einem größeren lokalen Nähtreffen sowie im Vorfeld zur Annäherung_Süd kamen unglaublich viele Stoffe zusammen. Wir waren ganz geplättet von der großen Spendenbereitschaft. Wir können jetzt nicht nur ein Treffen materialmäßig anbieten, sondern noch etliche weitere Termine. Liebe Spenderinnen, vielen vielen Dank!

In den Tagen vor dem Treffen wurden fleißig Stoffe sortiert, Schnitte ausgesucht und Probe genäht.

Ein paar unserer vorbereiteten Projekte:
Leggins, Einkaufstasche, Minigeldbeutel und Socken

Ich war ziemlich nervös. Schließlich wusste ich gar nicht, ob die Idee vor Ort überhaupt angenommen wird. Sind vielleicht unsere ganzen Vorbereitungen umsonst? Klappt es bei uns Helfern – schließlich wütete bei uns eine Erkältungswelle.

Dann endlich war es so weit, der Näh-Strick-Häkelnachmittag konnte beginnen. Am Anfang waren beide Seiten (die Migranten und wir) noch etwas schüchtern. Das hat sich schnell gelegt und die ersten Projekte wurden begonnen. Englisch, was meine Hoffnung war, wurde von den Migranten dort nicht gesprochen. Die Verständigung lief oft nur via Hand und Fuß, aber irgendwie hat es doch geklappt. Oft waren es die Kinder, die etwas Deutsch verstanden und für ihre Eltern übersetzen konnten.

Erstaunt hat mich, dass so gut wie keiner von unseren Gästen Vorkenntnisse im Stricken oder Häkeln oder Nähen hatte. Wir hatten uns auf einfache Projekte vorbereitet, so dass das kein Problem war und auch Anfänger was tun konnten. Eine der Frauen konnte nähen und hat ihren Freundinnen gezeigt, wie es geht.

Buntes Treiben in der Nähecke

Am besten angenommen wurde der Wende-Mützenschnitt (Gratis Schnittmuster von Pattydoo). Genäht wurden dann noch gerne Einkaufstaschen, Jerseyschals und Leggins (gratis Schnittmuster von Lesulu).  Dabei hatten wir auch noch einen Minigeldbeutelschnitt (finde „meinen“ Schnitt online nicht mehr; bei Makerist gibt es einen ganz ähnlichen Schnitt), Socken Schnittmuster „Ringelprinzessin“ von Hilli Hiltrud und einen einfachen Rucksack „Sew a Smile Bag“ von bunyara.de.

Es gab ganz viele schöne Momente, in denen z.B. eine Mutter ganz stolz dem Vater die neue süße Mütze für ihren siebenmonatigen Sohn gezeigt, oder wie eine andere Mutter zusammen mit ihrer 3 jährigen Tochter, die eine löchrige Leggins trug, Rosenstoff für eine neue Leggins rausgesucht hat.

In der Strick- und Häkelecke waren sowohl Jungs als auch Mädels eifrig mit dabei.

In der Strick- und Häkelecke fand sich irgendwann sogar ein Ehepaar ein, die beide Stricken lernen wollten. Am Ende saß dann nur der Mann da und hat sich im Stricken versucht. Auch die Kinder (Mädels und Jungs) waren ganz eifrig dabei und haben sich an ihren ersten Maschen versucht.

Zwischendrin wurden wir immer wieder gefragt, wann wir denn wieder kommen würden. Das war sehr schön und zeigte mir, dass sie sich gefreut haben, dass wir da sind. 

Mir hat der Nachmittag unglaublich viel gegeben.
Vielen Dank an meine grandiosen Mithelferinnen. Ihr wart toll.

Muriel

PS: wer aus dem Raum Karlsruhe kommt und gerne mal dabei wäre. Einfach bei mir melden.

Update 11.11.15: 
In Berlin bei Carina  sowie auch bei Julia wird auch mit Flüchtlingen ge-handwerkt. 

19 Kommentare

  • immi meyer

    5. November 2015 um 17:19

    Das muss ich aber auch sagen! So eine tolle Initiative!

    Liebe Grüße
    Immi

  • mema

    5. November 2015 um 16:46

    Klasse.
    Gruß Mema

  • kuestensocke

    5. November 2015 um 16:58

    Einfach großartig, dass Ihr das auf die Beine gestellt habt! Veilen Dank für den Bericht! LG Kuestensocke

  • Anonym

    5. November 2015 um 17:29

    Ganz ganz toll, was ihr da auf die Beine gestellt habt.
    LG schurrmurr

  • schildkroete

    5. November 2015 um 17:41

    Ich finde das supergenialgroßartig! Hut ab!
    Liebe Grüße
    Sabine
    (…..und Stoff von mir hab´ich auch entdeckt, wie schön!)

    1. Muriel

      5. November 2015 um 18:23

      Hallo Sabine,
      welcher ist von Dir – der mit dem Rosen?
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • Fröbelina

    5. November 2015 um 18:21

    Danke für den netten Bericht und deinen Enthusiasmus und die Organisation, ich fands ganz toll dabei sein zu können 🙂
    Liebe Grüße
    Katharina

  • Luzie

    5. November 2015 um 18:40

    Ich finds richtig toll, was Ihr da auf die Beine gestellt habt. Respekt!

    LG Luzie

  • Faden verloren

    5. November 2015 um 18:46

    Ich hab schon wieder Pipi in den Augen. Das ist so toll, dass ihr das gemacht habt und weiter machen wollt. Schön.
    LG Lotti

  • Mathilda

    5. November 2015 um 19:00

    Ich finde es ganz toll was hier gemacht habt. Leider kam bei uns in der Flüchtlingsunterkunft bis jetzt nichts zustande. Vielleicht komme ich mal bei euch vorbei.
    Lg Mathilda

  • luise j.

    5. November 2015 um 20:09

    Wunderbare Aktion! Und ist es nicht toll, dass IMMER beide Seiten berührt sind? Ich bin's auch, wenn ich das lese. Toll, dass du drangeblieben bist! Weiterhin viel Spaß, es gibt hoffentlich eine Fortsetzung?
    Liebe Grüße,
    Luise

  • Anonym

    5. November 2015 um 21:20

    Vielen Dank für den Bericht! Wir machen hier bei uns schon eine Weile wöchentliche Näh/Handarbeitstreffen in einer Unterkunft mit 500 Bewohnern und haben einen gut ausgestatteten Nähraum. Wir sind da gerade ein bisschen in den "Mühen der Ebene", da freut mich deine gute Erfahrung. Ich hatte schon immer geguckt, ob ich mir nicht von jemand mal Tipps holen kann, dann finde ich sie hier, wie schön. Leggings z.B. wären auch bei uns sicher begehrt, auf die Idee wäre ich nicht gekommen.

    1. Muriel

      6. November 2015 um 12:03

      Das ist ja interessant. Wie wird das in der Unterkunft angenommen?
      In "unserer" Unterkunft sind hauptsächlich Familien untergebracht, so dass das Interesse für Kinderschnitten recht groß war. Die Mützen und Schals waren am beliebtesten.
      Hab noch ein paar weitere Schnittmuster gefunden, die auch für Anfänger einfach sind.:
      https://www.pattydoo.de/blog/2012/11/kostenloses-schnittmuster-kinderhandschuhe/ (in der einfachen Variante ohne Deko)
      https://www.pattydoo.de/blog/2013/10/handschuhe-schlauchschal-schnittmuster/
      https://www.pattydoo.de/blog/2014/11/kindermuetze-naehen/ (in der einfachen Variante ohne die Ohren.)

      Viel Spaß Dir noch mit deinem Nähtreffen.
      Lieber Gruß, Muriel

  • Hanna

    7. November 2015 um 20:41

    Liebe Muriel, ich freu mich zu lesen, dass der Tag so ein Erfolg war!
    Toll, dass Du Dich so engagierst.
    LG Hanna

  • stella s.

    9. November 2015 um 11:35

    Toll !
    Ganz großartig. ..!!!
    Und danke für deine Inspiration und Gedanken, sowas ähnliches wird hier auch geplant, ich bin mal gespannt.
    Liebe Grüsse
    Stella

  • Carina

    9. November 2015 um 16:19

    Klasse – und bei allem sehr vertraut, denn so was ähnliches mache ich auch in Berlin. Wenn Du es Dir ansehen möchtest: https://hklmonster.wordpress.com/2015/10/21/stricken-im-kunstasyl/
    Liebe Grüße, Carina.

    1. Muriel

      11. November 2015 um 12:06

      Hallo Carina,
      das ist ja toll. Werd deinen Link gleich noch zu meinen Post hinzufügen.
      Lieber Gruß,
      Muriel

  • Dreikah

    10. November 2015 um 17:28

    Was für eine tolle Idee. Jetzt bin ich erst dazu gekommen, mir deinen Beitrag in Ruhe durchzulesen. Auf jeden Fall möchte ich dich am Wochenende dazu befragen, wie ihr das so organisiert, weil ich auch über so ene Idee schon länger nachdenke. Also denkst du mit dran, damit wir am Samstag oder Sonntag auf jeden Fall drüber sprechen? Ich freu mich auf dich.
    LG Karin

    1. Muriel

      11. November 2015 um 12:07

      Hallo Karin,
      gerne doch, versuche dran zu denken.
      Freu mich schon aufs Treffen.
      Bis dann,
      Muriel

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