Die Flüchtlinge sind gar nicht so weit weg – mein Erlebnis in einer Notunterkunft.

Habe nun ein paar Tage überlegt, ob ich etwas zur aktuellen Situation der Flüchtlinge schreiben soll. Bisher habe ich meinen Blog immer auf reine Nähthemen beschränkt aber die momentanen Ereignisse machen  mir sehr zu schaffen.

Danke an Lotti Katzkowski für den Anstupser und an die Bloggern, die in den letzten Tagen von ihren Erlebnissen und Gedanken rund um dieses Thema geschrieben haben (z.B. Michou). Es gäbe noch so viele mehr zu erwähnen.

Vor kurzem habe ich erfahren, dass bei mir in der Nähe in einer Flüchtlingsunterkunft noch Hilfe benötigt wird. Vor ein paar Tagen war mein erster Einsatz dort.

Die Situation selbst zu sehen und die Menschen kennenzulernen, war schon eine ganz andere Hausnummer. Im Fernsehen und in den Nachrichten kommt einem alles doch irgendwie so weit entfernt vor und dann stehe ich plötzlich in meiner Stadt in einer solchen Unterkunft.

Ich war überrascht wie viel Security vor Ort war. Schon der Zutritt zum Gelände war abgeriegelt und man musste angeben, warum man auf das Gelände möchte.

Als ich dort ankam haben wir Helfer gleich angefangen Getränke und Kekse an die dortigen Bewohner zu verteilen. Ohne die Koordination der Security wären wir Helfer in dem Ansturm der Flüchtlinge wohl untergegangen, so lief es aber relativ gut und einer kam nach dem anderen dran.

Wir hatten die Vorgabe pro Person max. 2x Kaffee/Tee + 2-3 Kekse auszugeben. Gerade bei Kindern ist mir das sehr schwer gefallen, viele kamen mehrmals. Da hart zu bleiben habe ich nicht immer geschafft. Wenn man nur eine begrenze Menge hat, egal ob es jetzt Kleidung, Essen etc. sind – wie verteilt man diese gerecht und was ist gerecht?!
Suschna hat ähnliches von ihren Erfahrungen in einer Kleiderausgabe geschrieben, sowie auch bei Kaiserinnenreich(siehe auch die Kommentare).

Die Bewohner waren alle sehr freundlich. Manchmal konnte man sich nur mit Händen und Füßen verständigen, anderes Mal ging es auf Deutsch, das meiste war auf Englisch.

In dieser Unterkunft leben inzwischen ca. 1200 Personen. Vom Baby bis ins hohe Alter waren alle Altersgruppen dabei. Sie leben zusammen in einem großen Zelt mit Stockbetten. Alle paar Bettenreihen gibt es Sichtschutzwände.
Im vorderen Bereich die Familien und hinten die allein reisenden Männer. In dem riesigen Zelt herrschte ein unglaublicher Lärm und an Privatsphäre oder eine Möglichkeit sich zurück zuziehen war dort nicht zu denken. Ich hätte nicht tauschen wollen.

Als eines der wenigen Unterkünfte (lt. Auskunft vom „Ober“-Helfer) gibt es in diesem sogar WLAN, welches von allen genutzt werden kann. Denke, wenn ich in ein anders Land flüchten müsste, wäre ich sehr froh darüber Kontakt zu Familie und Freunden aufbauen zu können, mich selbst informieren zu können etc.
Als ich abends dann daheim war, kam mir meine eigentlich eher kleine Wohnung plötzlich unglaublich riesig vor, verglichen mit dem wie die Menschen im Zelt in meiner Stadt zur Zeit wohnen.

weitere Infos:
blogger-fuer-fluechtlinge.de

Es werden momentan in vielen Städten freiwillige Helfer gesucht. Vielerorts sind es lokale Initiativen, welches sich über Web, Twitter, Facebook organisieren.
Mein Eindruck war, dass wenn man auch nur ein paar Stunden seiner Zeit erübrigen kann, ist schon viel geholfen und je mehr sich engagieren um so machbarer wird das Ganze.

Ich jedenfalls wäre sehr dankbar, wenn ich in einem fremden Land mit fremder Sprache andere Menschen hätte, die mir das Gefühl geben willkommen zu sein.

Nächste Woche gehe ich wieder hin.

Muriel

Update Mai 2016:  
In den letzten Monaten hatte sich die Situation vor Ort entspannt und inzwischen sind nur noch ca. 250 Personen. Familien sind nur noch vereinzelt dort. Die Unterkunft wird in ein paar Wochen geschlossen und die Bewohnter in andere richtige Unterkünfte (Häuser) verteilt. Wo ich dann helfermäßig lande, weiß ich noch nicht. Ich bin immer gerne dort hin gegangen.

8 Kommentare

  • Dreikah

    26. August 2015 um 17:34

    Mir fehlen die Worte, du bist ein Engel!!! Danke für den tollen, ehrlichen Bericht.
    LG karin

  • musicnsun

    26. August 2015 um 18:05

    Danke für den Bericht und für die Hilfe die du leistest. Ich werde an dier örtliche Hilfe Sachspenden geben. Mehr kann ich momentan nicht leisten. 🙁

  • schildkroete

    26. August 2015 um 18:24

    Finde ich toll. Ich packe gerade Schultüten, das hiesige islamische Frauenzentrum sammelt diese für die Flüchtlingskinder, die jetzt in die Schule kommen. Und dann werde ich mal schauen, was ich sonst noch tun kann.
    Herzliche Grüße
    Sabine

  • buntekleider

    26. August 2015 um 19:48

    Super. Danke für den Post und das Anstupsen.
    LG,
    Claudia

  • LaSchnuffte

    26. August 2015 um 23:43

    Ich finde es großartig das du hilfst, und darüber schreibst!! Ich sehe das so wie du.
    LG sylvie

  • Muriel

    27. August 2015 um 10:01

    Vielen Dank für eure lieben Kommentare. Toll, dass ihr auch mit macht.
    Lieber Gruß, Muriel

  • Tanja Priebs

    27. August 2015 um 10:56

    Sehr gut gemacht.
    Wie ich mich freue, über solche Berichte!

  • MeMadeMay16 – Woche 2 & 3 – Nahtzugabe5cm.de

    1. Juli 2018 um 9:12

    […] 9: Am 9. Tag hab ich nachm Arbeiten in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge geholfen (letztes Jahr hatte ich darüber was geschrieben). Für solche Tage habe ich gerne Kleidung mit großen Taschen, wo ich mein wichtiges Zeugs (Handy, […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Post

BH-Sew-Along 2 - Material: Der Anfang ist gemacht.

Nächster Post

MeMadeMittwoch: Burda Wasserfallshirt